Für jeden Grad eines Kreises schlage ich eine Stunde lang das Wort Friede in
Stein, also 360 Stunden, 45 Tage mal 8 Stunden.
Der Stein soll Baumberger Kalksandstein sein, 100 cm hoch, 50 cm breit und
15 cm tief. Eine der Längsseiten ist bruchrauh, alle anderen gesägt. Die bruchrauhe
Seite wird geteilt, so daß die eine Hälfte das Schriftfeld ergibt.
Das Wort soll ca. 3,5 cm lang und 0,7 cm hoch sein, so daß auf einer 50 *
50 cm große Fläche ca. 71 Zeilen entstehen und das Wort ca. 14 mal in eine Zeile
paßt. Ein am Ende einer Zeile abgebrochenes Wort wird am Anfang der nächsten
Zeile fortgesetzt. 1001 Wörter werden auf eine Fläche angepaßt.
Die Schrift wird ‚freihand' und ‚erhaben' ausgeführt.
Die Arbeit soll an einem öffentlichen Ort geschehen.
Die in der begrenzten Zeit entstandenen Steine sollen flach auf den Boden
gelegt werden.
Rahmenbedingungen: Mein Arbeitsbereich soll mit einer Flatterleine
- wie sie auf Baustellen Verwendung findet - abgesichert werden. Auf einem Schild
soll darauf hingewiesen werden, wann die Arbeitszeiten sind und daß in dieser
Zeit die Arbeit nicht gestört werden darf. Außerdem sollen weitere Informationen
zum Projekt dort angebracht sein.
Pressetexte zur "Friedensarbeit":
Die Süddeutsche schrieb am 23.10.98:
"... Nur fünf Fußminuten vom Rathaus entfernt arbeitet der Künstler Ulf Lebahn
gegen Sturm und Regen an dem Wort "Friede". Notdürftig bedeckt von einem Schirm
und einigen Plastikplanen tastet er sich auf dem Lamberti-Kirchplatz mit einem
feinem Meißel und einem mächtigen Holzklöppel Millimeter für Millimeter, Schlag
für Schlag, über eine gelbe Platte aus Baumberger Kalksandstein, der aus der
Gegend um Münster stammt. "Ich habe mir vorgenommen, bis zum 350. Jahrestag
der Unterzeichnung des Westfälischen Friedens das Wort Friede so oft ich kann
in den Stein zu schlagen", sagt Lebahn - 1001 mal auf jede Platte. Die Zahl symbolisiert
für Lebahn in bewußter Anspielung auf den orientalischen Märchenzyklus die Doppeldeutigkeit
des Friedens: "Friede - ein märchenhaft schöner Zustand, wenn es ihn gibt; Friede,
doch nur ein Märchen - unerreichbar, utopisch?".
Seit dem 22. August steht er nun schon hier, acht Stunden täglich, 50mal Friede
am Tag. 360 Grad umfaßt der Kreisbogen. Für jeden Grad hat der Künstler sich
verpflichtet, eine Stunde zu arbeiten, macht insgesamt 360 Stunden Friedensarbeit,
auch wenn er zugibt, beim Meißeln "vor lauten Friede oft den Frieden nicht mehr
zu sehen". Im Kreismaß steckt für Lebahn die Geschlossenheit jenes Menschlichen
Handelns, das dem Gebot des Friedens folgt, Alles, was wir hier tun, erklärt
er, hat Auswirkungen bis hin in ferne Kontinente..."
Die Münster am Sonntag schrieb am 13.09.98:
"Friede" in diesem Jahr in aller Munde. Keine Veranstaltung, keine Veröffentlichung
ohne ein obligatorisches Wort: Friede. Doch hier scheint es jemand auf die Spitze
treiben zu wollen: Friede Friede Friede - unzählige Male in Stein gemeißelt,
reduziert auf das Wort in seiner physischen Gestalt.
Ironie sei nicht ganz unbeabsichtigt bei seiner Arbeit, meint Ulf Lebahn,
der mit seinem ausgefallenen Projekt "Friedensarbeit" auf einer anderen Ebene
den Frieden erforscht. "Ich ziele hier auf etwas im Bereich des Begriffes 'Friede'
und treffe eher knapp daneben. Damit setze ich aber etwas in Gang, d.h. ich
gebe bestimmte Richtungen an, in die gedacht wird..."
Der Begriff "Friede" ist dabei für ihn eine durchaus zweischneidige Angelegenheit:
"Die meisten sehnen sich nach Frieden. Dafür kann man kämpfen, Krieg führen,
Wählerstimmen gewinnen..." Natürlich sei Frieden als Gegenpol zu Krieg erstrebenswert.
Doch wenn es zum Beispiel um den "Ewigen Frieden" geht, so gibt es kaum jemanden,
der den wirklich herbeisehnt. Und den Frieden in seiner ursprünglichsten Form
- das Paradies - auch nicht unbedingt. Denn hier wird vertrieben, wer vom Baum
der Erkenntnis ißt. Also kann man Erkenntnis nicht auf friedlichem Weg gewinnen?..."